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Ich komme heute nicht schlecht vorwärts. Das Road Book arbeite ich präzise ab und sehe auch noch, wie mein GPS Waypoint für Waypoint bestätigt. Wie lange es noch dauert und wieviel Uhr wir haben, wie lange ich schon im Sattel sitze, keine Ahnung!

Inzwischen sind die Bachbetten viel breiter und Flussbetten. Auch die Uferwände sind viel steiler und höher. Der Sandanteil im Untergrund ist verschwindend klein und wir mehr und mehr fahre ich über feinen Kies. Die Nässe des Spritzwassers durchdringt langsam meine Kleidung. Und es wird wieder kälter.

„Was mache ich eigentlich hier in diesen Flussbetten? Wäre schön mal wieder über einen Weg zu fahren … Verdammt, der Weg ist ja noch ungemütlicher zu fahren wie ein Flussbett... Also dieses Flussbetten muss ich jetzt noch geniessen. Wer weiss, wenn ich wieder mal in so einem Fluss herumdüsen kann.“

Für diese Gedanken habe ich dann doch noch Zeit, während ich wieder mal vor einer Verzweigung stehe und schnell kontrolliere, in welche Richtung es weiter geht. Das ist manchmal ganz schön verzwickt. Was nach einer Verzweigung im Bachbett aussieht, kann auch nur eine natürlich aufgeschüttete Insel sein, die ich umfahren muss.

Da kommt doch ein UTV von irgendwoher über die Böschung gedüst. Der Navigator macht mir wilde Zeichen und dann halten sie neben mir. Die beiden gestehen, dass sie keinen Plan mehr haben, wo sie sind und wohin sie müssen. Ob ich noch auf dem richtigen Kurs sei. Innerlich grinse ich, erkläre ihnen ganz genau, wohin sie fahren müssen und wieviele Kilometer, erkläre ihnen schnell ihr Roadbook und starte meine Maschine wieder. Sie wollen wir Bonbons, Knusperriegel, Getränke, alles anbieten. Ich gebe ihnen nur eine Bitte mit auf den Weg. Hinterlasst mir gute Spuren im den Rinnsalen, damit ich abschätzen kann, wie tief das Wasser für mich ist.

Und dann steht dort mitten im Flussbett eine Yamaha auf dem Ständer. Ich suche sofort das Flussbett ab nach dem Fahrer dieses Motorrades. Er sitzt auf einem grossen Stein. Ich verlangsame die Fahrt und frage, wie es ihm geht. Der Daumen geht hoch und er gibt mir das Zeichen zum Weiterfahren. Viele Kilometer später treffe ich dann sein Supportfahrzeug, die irgendwie zu ihm gelangen wollen. Und im Biwak erfahre ich, dass der arme Pilot mit gebrochenem Becken und Schlüsselbein auf diesem Stein ausgeharrt hat, bis Hilfe kam.

I do well today. I do a correct work with my road book and I see on the GPS that it confirms waypoint and waypoint. How far I have to drive, what time it is or how many hours I’m already in the saddle, I have no idea.

In the meantime the river beds are wider and the borders are higher than before. There is no longer so much sand in the underground but there is more gravel. My clothes are getting wetter and it’s getting colder.

„What do I do here in this river beds? Would be nice to have a little road to drive on… But damned shit, the roads are even worse than the river beds… But I have to enjoy this river beds. Who knows when I will have the next possibility to drive in river beds…“

I do have time to think about all this when I come to a division once again. I check in which direction I have to drive to. Sometimes the navigation is tricky. What looks like a division in the river bed can also be a little island which I have to surround.

And in a sudden an UTV is coming from the wall into the river bed. The navigator is going to signal that they want to talk to me. Both of them tell me, that they have no plan where they are or where they have to go to. I explain to them the next step in the road book and they offer me caramels, chocolate, something to drink. I only beg for good tracks on the next kilometres, so that I can calculate how deep the water is I have to cross.

And then there is a Yamaha standing in the middle of the river bed. I look for the pilot. He is sitting on a big stone. I slow down a little bit and ask him how he is doing. Fine, the signal with the thumbs up, go on. A lot of kilometres later I meet his support car which wants to go to him. And at the bivouac they tell me that the pilot was sitting on the stone with a broken pelvis and a broken collarbone.

Start im Biwak:                                                         am Vorabend

Start Spezialetappe            1. Fahrer:                       08.30 h

Distanz Biwak – Start Spezialetappe:                       330.24 km

Distanz Neutralisation:                                                 9.72 km

Distanz Spezialetappe:                                            299.32 km

Distanz Ziel – Biwak:                                                  28.42 km

Total Kilometer:                                                       667.70 km

Mit dem ersten Tageslicht krieche ich aus meinem Schlafsack. Aha, wir stehen nur wenige Meter vom Start entfernt auf einer kleinen staubigen Nebenstrasse. In der Nacht hatte ich nur das Mondlicht zur Verfügung gehabt, um mich zu orientieren.

Fernando und die Mechaniker haben bereits ein Feuer gemacht. Hier wird meine Suppe zubereitet und mein Milchkaffee, meine Banane vorbereitet und ich versuche so viel wie möglich zu frühstücken. Die Morgentoilette beschränkt sich auf einen Gang ins Gebüsch.

Bei der Kälte versuchen wir Piloten so schnell wie möglich in die Ausrüstung zu kommen. Wie sich schon herausgestellt hat, muss ich mich wie ein kleines Kind von Fernando einkleiden lassen. Aber der Gang zur Maschine erfüllt mich auch heute mit einer enormen Vorfreude auf den kommenden Tag. Das Thema heute wird „trockene Flussbetten“ sein. Die Schwierigkeit dabei, sich beim Navigieren nicht in den falschen Flussarm zu begeben, der einen dann 100 von Kilometern in die falsche Richtung bringen könnte.

Auf Grund der Routenänderung der Etappe und dadurch, dass auch die Startzeit ein wenig geändert wurde, geht alles sehr flott und schon stehe ich wieder an dem berühmten Bogen mit der Startuhr. Heute kann ich es mir nicht verkneifen, mit einem gewaltigen Schrei los zu brettern, der einfach so aus mir herauskommt.

Welch ein Unterschied zu gestern. Der erste Teil der Etappe ist eine Hochgeschwindigkeitsnaturstrasse. „Big Brother“ und ich, wir geben alles. Hier können wir endlich mal etwas Zeit gut machen.

Doch dann geht es in das erste Bachbett. Neugierig beäuge ich die Situation. Schnell wird mir dann klar, dass mit „trockenen Flussbetten“ das hier nicht gemeint ist. Hier drin ist es jedenfalls schön nass und das Dreckwasser spritzt mir auch ins Gesicht.

Kilometer für Kilometer kämpfe ich mich navigierend über alle Untergründe, die man sich vorstellen kann. Herrlich! Doch plötzlich merke ich am Sonnenstand, dass das Road Book uns immer wieder mit Richtungsänderungen raus aus dem Bachbett, Kurve, rein ins Bachbett lotst. Wir fahren im Zickzack durch die Landschaft.

Und dann habe ich meine erste Schwierigkeit mit der Navigation. Gestern hat mir ja Fernando das Road Book vorbereitet. Ich habe mir zwar die ganze Rolle nochmals angesehen, aber doch nicht so merken können, wie wenn ich sie selber bearbeite. Ich suche den Ausstieg aus dem Bachbett, der muss doch rechts sein. Keine Chance, über diese Wand zu kommen, keine Spuren. Ich merke mir anhand des Kilometerstandes, wie weit ich mich nun über den Punkt hinauswage. Es sind keine Spuren mehr zu sehen von anderen Fahrzeugen, also wende ich wieder bis zu meinem Fixpunkt, den ich kenne und nehme nochmals einen Anlauf. Über mir kreist der Helikopter mit der Fernsehcrew. Sieht sicher cool aus, wie die Schweizerin mit ihrem Fahrzeug im Kakao herumfährt… Ich halte an, und signalisiere zum Heli, dass ich mich verfranst habe. Keine 3 Sekunden später, könnte ich den Piloten küssen. Er dreht den Helikopter mit der Nase in die Richtung, in die ich fahren muss. Und dann sehe ich den Ausstieg. Nun ist er rechts! Ich habe das Road Book falsch gelesen und wirklich das erste Mal in meinem Leben rechts und links verwechselt.

Auf dem nun folgenden kleinen Naturweg schlägt mein Sentinel an. Die Autos holen mich ein. Ich weiss von Erzählungen, dass die Piloten der Autos sehr rüde mit den Quadfahrern umgehen können. Ich zwänge mich mit meinem Quad in eine winzige Lücke am rechten Strassenhand, um dann vom Autofahrer am Hinterpneu gerammt zu werden. Himmelherrgott … Ich fluche in allen Sprachen und schaue sofort, ob mein Quad einen Schaden genommen hat. Gerade, als ich wieder weiterfahren will, schrillt das Sentinel wieder und ein weiterer Autofahrer kommt angebraust. Ich habe beim Halt das Magnetfeld noch schnell aktiviert, aber auch dieser Pilot muss mich touchieren. Ich bin fest entschlossen, die beiden im Biwak umzubringen und fahre weiter.

Keine 3 Kilometer weiter stehen beide Autos kaputt herum. Sie haben es übertrieben und sich nicht nur einen Schaden eingefahren. Auf der Strasse ist kein Durchkommen, also auf die Böschung. Da spricht mich der Navigator von Rambo I an und sagt, dass ich den Abzweiger verpasst hätte, genauso wie sie. Ich müsse zurück. Also gut, aber wie wende ich meine Maschine auf der Böschung? Ich fordere ihn auf, mir zu helfen. Er macht das auch, meint aber, dass wohl mit meiner Lenkung etwas nicht stimmen könne, die verhalte sich komisch. Mein Kommentar übersetzt:

„Ja, zwei Idioten mit ihren Autos haben mich touchiert. Kein Wunder, dass die Lenkung nicht mehr so funktioniert wie heute morgen am Start.“ Ich steige auf, fahre zurück und in die richtige Abzweigung.

Start at bivouac:                                                      at the evening before

Start special  1. driver:                                           08.30 h

Distance bivouac to start special:                        330.24 km

Distance neutralisation:                                            9.72 km

Distance goal special:                                            299.32 km

Distance goal to bivouac:                                       28.42 km

Total kilometres:                                                     667.70 km

With the first light of the new day I get out of my sleeping bag. So, we are on a little road, not very far away from the start. Last night I had only the moon light to orientate.

Fernando and the mechanics have made already a fire. Fernando is going to prepare my soup and my coffee with milk. Also the banana is prepared and I try to eat as much as I can. The morning bath room routine is very short, I only go into the bushes to do what is necessary. It’s so cold that all pilots try to get into the cloths as soon as possible. Fernando is going to help me to come into my equipment. He has to dress me like a little child. But when I walk to my machine I’m full of joy and looking forward to the new day. The theme of the days will be dry river beds. The difficulty in navigation is not to enter in the wrong river bed to be brought away several hundreds of kilometres from the right direction.

Due to the fact that they have changed the today’s trip, the start time also changed and the procedure is faster and in a sudden I have to go to the start. The watch is counting down and I can’t do anything against it. A scream comes out of me when I break loose.

What a difference compared with yesterday. The first part of the stage is a high speed part. “Big Brother”, we give it all. Now we can save some time.

Then we have to enter in the first river bed. I understand in a sudden that the dry river bed is just a joke. The mud water is going to splash around and also into my face.

Kilometre by kilometre I fight and do my very best not to make a navigation error. I drive over all different undergrounds you can imagine. Just magnifique! But then I notice that according to the position of the sun, the road book is going to guide us out of the river bed, a turn and back to the same river bed. We are doing zigzag

It has to happen. I have my first difficulty with the navigation. Yesterday Fernando has prepared my road book. I have reread the roll once again, but it is not the same as if I’m preparing it by myself. I’m looking for the exit of the river bed at the right side. There is no chance to get out, the wall is too high and I can’t see any tracks. I keep the stand of the kilometres in mind and try once again. No tracks. So I turn around and go back to the fix point. And I do try once again in this direction. Above me the helicopter with the TV team is circling around. Must be a nice picture, the Swiss driving around like in chocolate … I signale to the pilot, that I have lost my orientation. 3 seconds later I’d like to kiss the pilot. He turns around the helicopter and the nose is going to show me the exit. Yes, it is on the right side, now. I have changed left and right for the first time in my life.

Now I have to follow a little dust street when my sentinel gives an alarm. The cars are reaching me. I know from some stories that the pilots of the cars are not friends of the quad drivers and sometimes very rough. So I put my quad to the right side as much as possible and a few seconds later the car rams the rear tire of my quad. But to hell… I swear in all languages and check my quad. No damage. Just at the moment I want to start driving once again, another alarm of the sentinel and a next car. In the meantime I have activated the magnetic field with the sentinel, but this pilot is going to ram me once again. I’m really sure: I will kill both pilots in the bivouac.

3 more kilometres and I can see both cars with heavy damages on the road. They have overdone it with the speed. There is no way to pass by on the road. So I climb up to the embankment. The navigator of the pilot Rambo I informs me, that I should have turned to the right about 3 kilometres earlier. So I tell him, that he should help me to turn around with my quad. When he helps me he remarks, that there must be something wrong with the steering of my quad. My comment, translated: Yes, two idiots driving cars have hit me a few kilometres before. No wonder, that the steering is no longer the same as today early in the morning, when I have started.”

I get on my quad and I drive back to the diversion.

Nächtliche Verbindungsetappe

Duschen fällt heute aus. Wichtiger ist, sich beim Abendessen im Kongresszentrum so satt wie nur möglich zu essen. Wir werden während der ganzen Rallye hervorragend verköstigt. Inzwischen ist es etwa 21.30 h. Als ich vom Tisch aufstehe, werde ich um ein weiteres Interview gebeten. Ein kurzes Statement muss es sein, denn ich habe vor, mich so schnell wie möglich in den „Wohnwagen“ zu verziehen, um zu schlafen. Wir haben noch etwas vor in dieser Nacht.

Am Piloten-Briefing wurde uns bekannt gegeben, dass wir die Verbindungsetappe zum Start für den nächsten Tag mit aufgeladenen Fahrzeugen machen dürfen, denn die Temperaturen sind mörderisch auf minus 20 °C gefallen. Nicht daran zu denken, dass Motorradfahrer und Quadfahrer diese Strecke auf ihren Maschinen zurückzulegen. Also wollen wir so schnell wie möglich los, um dann nach etwa 4 Stunden Fahrt vor dem Start noch eine Mütze Schlaf zu bekommen. Für 23.00 h ist die Abfahrt aus dem Biwak geplant. Wenn die Maschine von Gaston auch wieder flott ist. Er hat verschiedene Teile, unter anderem eine Felge zerstört.

Ich haue mich in unserem Anhänger auf’s Ohr. Schlafen auf Kommando. Weil ich weiss, dass ich geweckt werde, lösche ich das Licht und kuschle mich in den Schlafsack. Nun müssen alle Gedanken aus dem Kopf, den Tag nochmals vor dem inneren Auge passieren zu lassen, das geht jetzt nicht. Schlafen!

Pünktlich um 23.00 h werde ich geweckt. Ich muss nur meinen Schlafsack verstauen und ins Auto umsteigen. Fahrzeuge aufladen wird von den Mechanikern erledigt.

Im Auto versuche ich gleich weiterzuschlafen. Erholung für Körper und Geist ist enorm wichtig. Es ist zwar kein Tiefschlaf, aber ich entspanne mich dösend hervorragend.

Irgendwo, erkennen kann ich nichts, sind wir angekommen. Sofort werden die Fahrzeuge abgeladen, die Betten wieder heruntergeklappt und dann krieche ich wieder in den Schlafsack. Zum Glück habe ich einen sehr guten Schlafsack, der mich vor der unerbittlichen Kälte gut schützt.

Kurz gehen noch meine Gedanken zu Bruno. Er hat mir geschrieben, dass er bereits in San Juan angekommen ist. Er hat das Hotel gefunden, sich dort eingerichtet und wird heute auf das Team treffen. In San Juan werden wir uns treffen, wenn ich die Etappe schaffe.

Connection during the night

No shower today. It is much more important that I go to dinner in the congress house, to eat as much as possible. During the whole rally days we have excellent food. It’s 21.30 o’clock and when I leave the table they beg me for a next interview. A short statement, because I want to go to sleep as soon as possible in our “home”. We do have some plans this night.

In the pilot briefing they have told us, that we can make the connections to the next day’s start with vehicle loaded. The temperature went down to minus 20 °C, horribly cold. Not even to think about that the motorbike and quad riders can do the connections on their machines. Everyone wants to leave as soon as possible and drive the 260 kms to the next point and get some sleep there. We plan our departure at 23.00 o’clock. First of all, the mechanics have to fix the machine of Gaston. He has not only destroyed a rim.

I go to the trailer and slip into my sleeping bag. I have to sleep on command. I know that they will wake me up, so I switch off the light. And then I have to get rid of all my thoughts in my head. No time to repass the day once again. Sleep!

They wake me up at 23.00 o’clock. I change my sleeping bag with a seat in the car. The machines are loaded by the mechanics. I try to find some sleep again. I have to recover my body and my mind. Even if it’s not a deep sleep I relax.

We arrive somewhere. I do not see anything and I don’t know where we are. The beds are unfolded once again and I slip into my sleeping bag. No heating now, we do not have electricity. So good, that I have a very good sleeping bag to protect me from the cold.

For a short moment my thinkings are going to Bruno: I know, that he has arrived at San Juan, has found the hotel and is installed. Today he will meet up with the team and we will see each other if I can manage the today’s stage.

Nachdem ja meine Ankunft im Biwak kurz gefeiert wurde, mache ich mich daran, meine Ausrüstung für den morgigen Tag zu komplettieren und vor allem mit meinem Mechaniker noch kurz über Reparaturen zu reden. Das ist ein kurzes Gespräch, mein Quad ist in perfektem Zustand. Auch die Reifen sind noch in einem superguten Zustand.

Plötzlich taucht aus der Zuschauermenge ein Mann auf, der nach mir fragt. Ich erkenne ihn sofort an den Augen. Es ist mein Schutzengel aus den Dünen. Einer der beiden privaten Motorradfahrer, die mich befreien, als ich mich das erste Mal eingegraben habe. Er und sein Freund, der aber nicht bei ihm ist, haben mir dann den Weg aus den Dünen gezeigt mit der kleinen „Abkürzung“.

Er freut sich riesig, dass ich es bis ins Biwak geschafft habe. Und ich freue mich wahnsinnig, ihn nochmals zu sehen. Leider habe ich bis heute weder eine Adresse von ihm, noch weiss ich seinen kompletten Namen. Fernando hat seine Mailadresse zwar irgendwo notiert, aber dann verloren. Ich muss ihm versprechen, dass ich die die Rampe am Ziel in La Rioja erreiche. Ich sage ihm, dass ich alles geben werde. Aber versprechen kann ich es nicht, der Weg dorthin ist noch ein paar tausend Kilometer lang.

Und nun kommt auch das Thema „Abkürzung“ erneut auf. Fernando, der vom Start aus zurück ins Biwak gefahren ist, hatte sich nach der Ankunft bei der Organisation eingenistet. Er hatte grosse Sorgen, ob ich den Riesensandkasten bewältigen könne. So hat er im Kontrollcenter meinen kleinen GPS-Punkt auf dem Bildschirm mitverfolgt. Jeden Stopp und auch meine Quittierungen, dass es mir gut gehe, ich einfach stehe, hat er mitbekommen. Und dann: Mein Punkt bewegte sich plötzlich von der normalen Route weg. Er konnte ja nicht wissen, dass ich von zwei Motorradfahrern über Abkürzungen aus dem Sandhaufen geführt wurde. Der Schreck bei ihm war gross. Nur, als ich dann wieder auf Kurs war und am Check Point konnte sich niemand erklären, wie ich das gemacht habe. Alle wussten, dass ich ja vorher noch nie in meinem Leben in den Dünen von Nihuil war. Fernando hat dann mit den anderen gerätselt, ob ich so einen hervorragenden Orientierungssinn hätte, oder ob ich einfach nur „Schwein“ gehabt habe.

Ich hatte zwei Schutzengel.

The guardian angels from Nihuil

After my happy arrival in the bivouac I started with my pilot routine. Get undressed and changed and complete my equipment for the next day. Then I had a little speech with my mechanic about the repairs of my quad. But this was a short discussion, my quad was in a perfect shape. Also my tires were just in perfect conditions.

In a sudden, there was coming a man out of the crowd and asks for me. I recognize him because of the eyes. He is one of my guardian angels. One of the two private motorbikers who helped me out of the dunes the first time. He and his friend, who is not here at the moment, showed me the way out of this big sand playground with a little “shortcut”.

He is very lucky to see me at the bivouac. And I am very lucky to see him. Unfortunately I haven’t his address and I do not know his complete name. Fernando has noticed his address somewhere but then it is got lost. I have to promise to him to go to the final ramp at the goal in La Rioja. I will do my very best, but I can not promise it. There are a few thousands of kilometres more to La Rioja.

And now they come back to the point of “shortcut”. Fernando went back to the bivouac after our start on a direct way. Then he went to the control centre of the organisation and observed my little GPS-point on the screen. So he has seen all my stops and also my confirmation that I am okay. But in a sudden he saw that my little GPS-spot went off the route. He could not know that I have had two guides to show me a little shortcut out of this sandpile. Fernando was afraid. But when he has seen, that I went back to the normal route he could not explain how I did this. Everyone knew before, that I have never been at Nihuil before in my life. So they couldn’t know whether I have such a good sense of direction or if I was just lucky.

I had to guardian angels.

Nach dem grossen Sandkasten und den Dünen komme ich zu meinem ersten Check Point. Natürlich ist im Roadbook dieser Check Point gross markiert und ich weiss, dass dort meine Karte den ersten Stempel erhält. Der Check Point liegt direkt an einer Nationalstrasse. Als Pilot deutet man nur auf die Tasche an der Jacke, wo sich die Stempelkarte befindet. Diese wird dann vom Kontrollpersonal herausgenommen, gestempelt und mit „gute Weiterfahrt“ geht es für mich in den zweiten Teil der Spezialetappe.

Vorgängig hatte ich mir in Google Earth die geografischen, markanten Eckpunkte gemerkt. Da ist ein Berg, der wie eine Zunge in die flache Landschaft ragt. Er liegt südöstlich von meiner Route. Aber, als ich dann vor einem wilden Wirrwarr von Wegen stehe, die sich planlos an einem Punkt in der Fläche kreuzen, da verliere ich die Orientierung. Welchen Weg muss ich da genau nehmen? Ich fahre in den mir am logischsten erscheinenden. Aber der ist es nicht, merke ich nach ein paar Metern, weil die anderen Fahrzeugspuren fehlen. Also, zurück. Ich probiere den nächsten und sehe, dass hier die Spuren wenden und zurück zur Kreuzung fahren.

In genau solchen Momenten ist mentale Stärke entscheidend. Ruhig Blut bewahren und nachdenken. Also, wie war das nochmals vor Jahren, als mir Carmelo Capdevila, ein Gaucho das Spurenlesen beigebracht hat? Er hat mir nicht nur das Lesen von Hufabdrücken beigebracht, sondern auch wie man erkennt, ob die Abdrücke der Reifenspuren aus der Vorwärtsbewegung oder der Rückwärtsbewegung kommen. Ich kam mir damals vor wie in einem Western und hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Als ich dann aber lernte, die Hufspuren dem entsprechenden Pferd zu zuordnen, ist mir das Grinsen vergangen.

Also beuge ich mich aus dem Quadsattel und lese die Reifenspuren. Und dann wird mir alles ganz einfach und klar. Ich biege in die richtige Spur ein und fahre munter weiter. Inzwischen hat sich die Sonne hinter Wolken versteckt und es wir kühler. Das grosse Salzbecken nehme ich gelassen. Das Road Book lese ich inzwischen mit grosser Routine. Und da steht, dass ich an einer Lagune, an einem Wasserloch, rechts dran vorbeifahren muss. Als ich vor dem Weg stehe, ist da nur noch ein breites Schlammbett mit tiefem Morast. Also, wenn ich mich hinein wage, werde ich bestimmt stecken bleiben. Und dazu habe ich nun überhaupt keine Lust. Ich begutachte das rechte Strassenbord und sehe, dass darauf zwar niedriges Buschwerk wächst, aber eines ohne Stacheln. „Big Brother, wir nehmen diesen Weg und hoffen, dass dahinter gutes Gelände ist, um wieder auf den eigentlichen Pfad abzubiegen.“ Das Buschwerk wird niedergewalzt. Eine meiner besten Entscheidungen heute, denn ich versenke mich nicht im Morast, sondern komme ohne grossen Zeitverlust wieder zurück auf den richtigen Weg.

Ich kann mich noch erinnern, dass irgendwann im Roadbook die Warnung vor Tieren auf der Piste kommt. Aber die Tiere halten sich nicht an den Aufschrieb. Sie überraschen mich nicht, als ich den ersten Viehstopper überfahren habe. Da stehen dann die Kühe und Stiere munter auf der „Strasse“. Mein Gehupe interessiert sie nicht sonderlich, also rufe ich wie von den Gauchos gelernt und sie bewegen sich zur Seite.

Diese Schotterpiste macht mir inzwischen so richtig Spass. Es geht flott voran. Wenn da nur nicht diese Kälte wäre. Ich treffe nun immer mehr auf Zivilsation. Ein Dorf erkenne ich schon von weitem, weil die Menschen dort andere Bäume gepflanzt haben, als das übliche Buschwerk, was in der Natur wächst. Vor allem die Pappeln sind sehr markant erkennbar. Dann taucht auf meinem Roadbook der Stopp auf und der Anfang der Neutralisation. Nun muss ich Geschwindigkeitsbegrenzungen einhalten, um ja keine Strafe zu kassieren. Ich habe nur ein Handicap, ich kann aus der normalen Sitzposition heraus das GPS nicht ablesen. Und dort steht die einzig wahre und richtige Geschwindigkeit. Ich weiss, dass ich spät dran bin. Es ist inzwischen bitter kalt. Ich zweifle daran, ob mein Serviceteam auf mich an der Strasse wartet. Aber tanken muss ich unbedingt.

Der Kontrollposten erwartet mich schon. Meine Karte wird wieder abgestempelt. Ich werde nach meinem Befinden befragt und ob mir sehr kalt sei. Mir ist sehr kalt. Dann wird mir noch mitgeteilt, dass ich nach der Neutralisation nicht mehr auf den letzten Teil der Spezialetappe gehen darf. Ich sei zu spät dran. Klar, Sonnenuntergang ist etwa um 17.30 h und wir haben schon 16.30 h. Also, ich muss über die Hauptstrasse zurück nach San Rafael fahren. 157 km. In 26 km sei aber auf der linken Seite eine Tankstelle. Die Organisation in San Rafael wird darüber informiert, dass ich auf direktem Weg ins Biwak fahre. Walter, der Kontrolleur sagt mir dann noch, dass ich immer noch auf 1‘450 m ü M bin und dass mit der Fahrt nach San Rafael auch Höhe vernichtet wird. Dann würde es auch wieder eine Spur wärmer.

Nach vielen Stunden Fahrzeit habe ich nun eine asphaltierte Strasse unter den Rädern. Und nun weiss ich, was mir damals Daniel Mazzucco an meinem Fahr- und Navigationskurs beigebracht hat. Auf diesen Verbindungsetappen muss man lernen, sich zu entspannen. Das klappt sogar. Aber ich schlottere inzwischen immer mehr.

Obwohl ich nun eigentlich nur noch so schnell wie möglich zur Tanke kommen möchte, muss ich mich an die Warnungen des Mechanikers erinnern. Ich darf zwischen 95 km/h und 105 km/h fahren, nicht schneller, um den Motor nicht zu überfahren. Das braucht wiederum mentale Stärke, Konzentration und Durchhaltewille.

Beim Einbiegen zur Tankstelle sehe ich einen weissen Ford Ranger. Leo und Andres, der Mechaniker warten auf mich! Welche eine Freude! Sogar der Teppich für meinen Big Brother ist schon ausgerollt. Ich gebe Andres schnell an, dass ich die Reifen nicht mehr aufgepumpt habe, nach dem Luftablassen in den Dünen. Dann begebe ich mich zur Toilette bei der Tankstelle und kann kaum meine Kleidung aus- und wieder anziehen. Die Unterwäsche ist immer noch feucht, obwohl die Funktionsunterwäsche sonst sehr gute Dienste geleistet hat.

Zurück beim Auto, werde ich in den geheizten Pickup gesetzt zum Auftauen. Nun habe ich auch endlich Zeit etwas zu essen. Aber nicht in Ruhe, denn vor dem Fenster taucht ein Journalist auf, der unbedingt mit mir ein Interview machen möchte. Ich drehe die Scheibe aber nur ein wenig runter, zu gut tut die warme Luft aus der Autoheizung. Wie lange meine Pause war, kann ich gar nicht sagen. Aber bevor ich nun wieder auf mein Quad steige, werde ich noch zusätzlich eingekleidet. Unter die Rallye-Jacke bekomme ich einen zugeschnitten Abfallsack übergestreift von Leo und dem Vater von Lino Sisterna. Er wartet auf seinen Sohn, der mit dem Buggy unterwegs ist. Ihn hatte ich zuletzt in den Dünen gesehen, als er das Starterpack an Gonzalo übergeben hat. Über die gesamte Kleidung kommen dann noch Regenhose und Regenjacke. Auch für die Hände gibt es eine Lösung. Über meine Handschuhe kommen ein Paar Gartenhandschuhe. Auch meine Sturmhaube aus Faserpelz kommt nun unter dem Helm zum Einsatz. Ich kann mich nun zwar nicht mehr bewegen, aber es ist warm unter diesen Schichten.

157 Kilometer sind noch abzureissen. Ich grinse. Noch nie im Leben bin ich so eine Strecke wie heute an einem Tag gefahren. Und mein Ziel, auf jeden Fall vor 20.00 h im Biwak zu sein, werde ich erreichen.

Big Brother schnurrt im vorgegebenen Tempo die Kilometer ab. Hinter mir ist mein Versorgungsfahrzeug. Ich bin glücklich. Mein erster Rallyetag. So viele Eindrücke, so viel gekämpft! Es ist schöner, als ich es mir immer vorgestellt habe.

Nach 1 ½ Stunden tauchen die Lichter der Stadt San Rafael auf. Am Biwakeingang wird meine Stempelkarte nochmals quittiert, mein GPS wird ausgelesen, die abgefahrenen Waypoints werden notiert und dann geht es zum Servicezelt.

Ich werde von allen mit einem grossen Hallo empfangen, mir wird auf die Schultern geklopft, ich werde gefeiert. Ich habe die Dünen von Nihuil bezwungen! Na ja, nicht ohne Hilfe.

Lange dauert aber das Gejubel nicht. Pilotenroutine. Ausziehen, umziehen, Abendessen. Fernando hat bereits mein Roadbook für den nächsten Tag vorbereitet. Das ist purer Luxus! So erspart er mir 2 Stunden Arbeit am Roadbook. Wir schauen es aber trotzdem kurz zusammen an, damit gewisse Eckpunkte in meinen Gedächtnisspeicher finden.